Die Rolle Dulcineas und die Liebeskonzeption


Ein echter Ritter braucht natürlich auch eine Dame, die er wie ein Minneritter der hochhöfischen Zeit verehren kann. Dulcinea del Toboso nennt Don Quijote seine Erwählte. Es handelt sich um ein schlichtes Bauernmädchen aus dem Nest El Toboso, das der Junker nur einmal aus der Ferne gesehen hat.

Dulcinea bzw. Aldonza Lorenzo stellt schließlich den Ursprung aller Narrheit Don Quijotes dar. Hätte sich Alonso Quijano nicht im bereits fortgeschrittenen Alter in Aldonza verliebt, obwohl er sie in 12 Jahren gerade vier mal gesehen hat, wäre er niemals zu Don Quijote geworden. Wie aller Heroismus, entspringt auch Don Quijotes aus Liebe zu einer Frau, in diesem Fall zu Dulcinea, da durch sie in ihm die Sehnsucht nach Unsterblichkeit geweckt wird, die er ja mit ihr nicht durch leibliche Kinder erreichen konnte, weshalb er zu geistigen Heldentaten angetrieben wurde

Erst durch seine Liebe zu und seinen Glauben an Dulcinea wird der sonst feige Ritter mutig und kann alles erreichen, was er sich. Zwar hatte Don Quijote seine Dulcinea erst selbst in seiner Phantasie erschaffen, aber letztendlich war er von ihr abhängig und konnte erst durch sie leben. Sie ist die Quelle seiner Weisheit und nur durch die Liebe zu ihr wurde Don Quijote und Sancho Panza ein ewiges Leben ermöglicht.

 Don Quijote seine Liebe in Dulcinea festlegt, ohne sie überhaupt physisch, wie emotional kennengelernt zu haben. Hierin kopiert er die Muster des Amadís und der fahrenden Ritter. "digo que no puede ser que haya caballero andante sin dama, porque tan proprio y natural les es al los tales ser enamorados como al cielo tener estrellas...sino por bastardo y que entró en la fortaleza de la caballería dicha, no por la puerta, sino por las bardas, como salteador y ladrón"(I,13: 185). Im zweiten Teil des Zitates wird auch die entschiedene Intensität deutlich, mit der sich Don Quijote zu differenzieren sucht, um als ein Original zu gelten. Diese eigentlich nach innen gerichtete, im Zorne motivierte Leidenschaft bezeugt die ungerechte Abartigkeit, die er an und für sich selbst empfindet.

Aus einer vulgären, kräftigen und hässlichen Bauerfrau wird eine Prinzessin geschaffen, die an Schönheit, Jungfräulichkeit, Grazie, Ehrlichkeit und Ruhm unübertroffen ist. Diese Illusion wird nur durch zwei Faktoren bestimmt: durch den Vermittler Amadís und durch die Phantasie des Quijote: "y para concluir con todo, yo imagino que todo lo digo es así, sin que sobre ni falta nada, y píntola en mi imaginación como la deseo, así en la belleza como en la principalidad."(I,25: 312). Obwohl er ein paar Zeilen früher Sancho die Verkennung der romantischen Dichter und ihre Intention preisgibt, verfällt er selbst in den Verstrickungen seiner romantischen Illusion und des triangulären Begehrens. Auf die rhethorische Frage, ob "las Amariles, las Silvias, las Dianas, las Galateas, las Alidas" aus Fleisch und Blut wären, entdeckt er die wahre Natur der Begierde und Täuschung der romantischen Dichter: "No, por cierto, sino que las más se las fingen, por dar sujeto a sus versos, y porque los tengan por enamorados y por hombres que tienen valor para serlo"(I,25: 312).